Zugegeben: Kaffee ist kein regional wachsender Brokkoli. Zum Glück aber auch irgendwie. Regionaler ginge es mit Getreide-Ersatzkaffee. Erinnerst Du Dich noch an die alte Bezeichnung „Muckefuck“? Laut Wikipedia leitet sich der Begriff von „brauner Mulm, der sich in faulenden Baumstümpfen bildet“ ab. Wir empfehlen demnach hier trotz deutschem Wortstamm eine englische Aussprache. Bleiben wir also lieber bei der Gattung Coffea, und bringen die Äquatorialfrucht zusammen mit Dir dafür möglichst umweltschonend auf den Tisch! Aber worauf achten? Zum Beispiel auf die Sorte? Wieviel Einfluss hast Du persönlich beim Kaffeetrinken? Welche Hebel haben am meisten Impact? Abhängig von Deinen derzeitigen Kauf- und Trinkgewohnheiten (mal schauen, ob bei Dir persönlich noch Potenzial liegt!) – ist es durchaus möglich, das CO2 jeder Durchschnittstasse Kaffee in Deutschland mindestens zu halbieren. Zaubern wir also mit Hilfe einfachster Kaffee-Alchemie eine volle und vollaromatische, duftige Tasse Kaffee mit maximal halb so viel Umweltbelastung. Los geht’s! Frage random 10 Leute nach dem größten Faktor, so wird der Transport aus den Anbauländern nach Deutschland mit sehr großer Warscheinlichkeit weit vorne genannt. So ein Schweröltanker ist ja auch ganz schön groß, keine Frage. Bei genauerem Hinsehen ist so ein Container mit Kaffee aber nur ein Bruchteil der Ladung insgesamt (Bis zu 200.000 Tonnen pro Schiff), und daher der Anteil des Impacts in deiner eigenen Tasse Kaffee am Beispiel Costa Rica auch anteilig nur ca. 5 %1. Tatsächlich liegen die zwei größten Hotspots so einer Durchschnittstasse stattdessen erstens beim Anbau und Tadaaaa: zweitens bei der Zubereitung (40 – 60 %,2). Zu deinem Action-Part bei der Zubereitung dann gleich mehr, nachdem wir Dir verraten haben, welchen Rohkaffees wir als Rösterei neben rein geschmacklichen Qualitäten oft den Vorzug geben, und worauf Du beim Kauf so achten kannst. Die Handernte (Picking) ist im Bereich Specialty Coffee Standard, und wirkt sich ebenso positiv auf den Geschmack (nur reife Kirschen werden schonend geerntet) wie auf die Umwelt (Erntemaschinen verbrauchen in der Herstellung, im Transport, Betrieb und der Entsorgung CO2) und auf die lokale Gemeinschaft im Anbauland (Arbeitsplätze) aus. Nach der Ernte werden die Kaffeekirschen dann unterschiedlich behandelt, um Rohkaffee zu produzieren. Irgendwie muss die Bohne aus der Kaffeekirsche rausgeholt werden. In diesen Aufbereitungsarten liegt weiteres ressourcenschonendes Sparpotenzial: Bei den Wasser sparenden Aufbereitungsverfahren liegt das Natural Trockenverfahren vorn. Honey erfordert weniger Wasser als die Washed-Behandlung, in der die Kirschfruchthülle von der Bohne gequetscht und abgewaschen wird. ZUBEREITUNG: Angenommen, du hast nun eine Tüte handgeernteten, natural aufbereiteten Kaffee aus direktem Handel von einer Farm mit vorbildlichen Umweltstandards in einer unserer aluminiumfreien Verpackungen vor dir. Dein Wasserkocher erhitzt gerade nur so viel Wasser, wie du benötigst auf simmernde 93-96 Grad. Währenddessen mahlst Du die erforderliche Kaffeemenge (die Handmühle hätte hier die Nase weit vorn) und wählst dein Brühgerät. Auch hier hätte ein einfacher Keramikfilteraufsatz ökologisch dem Vollautomaten einiges voraus. Da Du einen hochqualitativen Specialty Coffee verwendest, der so aromenbetont geröstet ist dass er eine lebendige, duftige Aromenstruktur statt vielen Bitter- und Fehlnoten hat, kann man ihn jetzt mit viel Genuss ganz pur schwarz trinken. Denn Du ahnst es vielleicht schon: Milch verwandelt deinen wunderbar angesetzten Zaubertrank zurück und blökt dir ein kleines Co2-Wölkchen ins Gesicht. In diesem Sinne: Back to black und Expecto Aroma! 1) B. Killian et all: „Carbon Footprint Across the Coffee supply Chain: The Case of Costa Rican Coffee“ in Journal of Agricultural Science and Technology B, 2013. 2) http://www.pcf-projekt.de/files/1232962944/pcf_tchibo_coffee.pdfVolle Tasse Kaffee, halbes Co2
Umweltfreundlicher Kaffee trinken? Das geht!
ANBAUFAKTOREN
Mono- vs. Mischkultur spielt eine große Rolle. Ein nachhaltiger Permakultur-Anbau mit Mischkulturen wäre ideal. Hier werden dem Boden ständig auf ganz natürliche Weise Nährstoffe zugeführt. Auf einer naturbelassenen oder organischen Plantage fließen zumindest keine chemischen Düngemittel und Pestizide in die Berechnung ein. Ein Biosiegel ist hilfreich, aber da sich ein Großteil einzelner kleiner Farmen keine Zertifizierung leisten kann ist es kein Muss – Informationen über die Anbaubedingungen gern erfragen!
Ist der Kaffee konventionell angebaut? Ein sehr reduzierter, punktueller Düngemittel- und/oder Bewässerungseinsatz mit Hilfe eines wurzelnahen Bewässerungssystems ist dem Sprühen weit überlegen.
Hier liegt die Macht nun vollständig in Deinen eigenen Händen, um den kleinen alchemistischen Zaubertrick – der Verwandlung der „Durchschnitts-CO2-Tasse“ Kaffee in einen wunderbaren Spezialitätenkaffee mit maximal halb so viel CO2 – gelingen zu lassen!
Volle Tasse Kaffee, halbes Co2 – Umweltfreundlicher Kaffee trinken? Das geht!
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